
Serien sind beliebt. Im Fernsehen, aber vor allem auch bei Büchern im Krimi-Genre. Schon im 19. Jahrhundert gab es den heute wieder so populären Sherlock Holmes, geschrieben von Sir Arthur Conan Doyle. In den folgenden Jahrzehnten dann unter anderem die Ermittler von Dorothy L. Sayers, Raymond Chandler oder Agatha Christie. Und auch heute haben Krimi-Serien oder Krimi-Reihen nichts von ihrer Beliebtheit verloren.
Ich selber mag es sehr, wenn ich in ein gewohntes Setting und zu den lieb gewonnenen Figuren zurück kehren kann. Ich verfolge mehrere Serien bei denen ich mich immer auf den neuesten Band freue. Unter anderem die Bücher von Martin Walker um den französischen Land-Polizisten Bruno Courreges, die Bücher von Stuart MacBride um DS Logan McRae und die bundesweit leider noch nicht so bekannten Krimis von Wolfgang Burger um seinen Heidelberger Kommissar Alexander Gerlach. Ein etwas neuere Entdeckung ist für mich Jean-Luc Bannalec der über seinen Commissaire Dupin schreibt.
Den ersten Band habe ich über meine Mutter im letzten Jahr entdeckt und habe den zweiten sofort ebenfalls gehört. Das führte dazu, dass meine Freundin und ich im letzten Herbst in die Bretagne gefahren sind. Wenn man den Berichten glauben darf, dann ist das fast schon die normale Reaktion auf die Lektüre dieser Bücher. Nun folgte also der dritte Band.
Wer es noch nicht weiß, der Autor ist Deutscher und schreibt unter einem Pseudonym. Seine wahre Identität kennt angeblich nur der Verlag und es wird ein großes Geheimnis daraus gemacht. Witzig daran ist eigentlich nur der Fakt, dass die Bücher wegen dieser Umstände in Frankreich (noch) wenig bis gar nicht bekannt sind. Im real existierenden „L’Amiral“ in Concarneau (dem Lieblingsrestaurant von Dupin) hängen folglich die Cover der deutschen Ausgabe im Fenster um den Fans anzuzeigen dass sie richtig sind. Und in Gesprächen mit Einheimischen habe ich erfahren dass mancher sich schon gewundert hat wieso auf einmal so viel mehr deutsche Touristen in ihr Städtchen kommen.
Aber nun zum Inhalt. Commissaire Dupin verschlägt es im dritten Band in die Guérande, einen Landstrich der, wie wir im Buch erfahren, schockierenderweise zum Département Loire-Atlantique und nicht zur Bretagne gehört. Obwohl die Guérande historisch natürlich schon immer zur Bretagne gehört hatte. Dieser Schönheitsfehler hat zur Folge, dass Dupin für die Vorfälle in die er dort verwickelt wird gar nicht zuständig ist und sich mit einer dortigen Kommissarin arrangieren muss. Eine Situation die frischen Wind in die bereits lieb gewonnenen Routinen der ersten beiden Bände bringt. Die Guérande ist seit Jahrhunderten bekannt für ihre Salzfelder und genau dorthin schickt eine befreundete Journalistin Dupin. Unvermittelt wird er dort beschossen und die Journalistin verschwindet. Schon ist Dupin mitten in einem neuen Fall. Den freilich nicht er selber leitet. Und das gefällt dem Einzelgänger gar nicht.
„Bretonisches Gold“ ist solide Krimikost. Aber wie so oft ist bei solchen Serien der eigentliche Fall nicht immer das Wichtigste. Ich freue mich einfach den eigenwilligen Dupin, seine unersetzliche Assistentin Nolwenn und die Inspektoren Kadeg und Riwal wieder zu sehen. Die Beschreibung der Bretagne ist einfach nur verführerisch und die Belehrungen von Nolwenn finde ich spannend und höre sie immer wieder gerne. Die Eigenheiten der Menschen werden wunderbar beschrieben und auch Dupin selber ist ja eher eigenwillig. Alles in allem machen mir also der Ton und die Umgebung genau so viel Spaß wie die eigentliche Handlung. Etwas dass eine gute Krimi-Serie für mich immer gewährleisten muss, dann kommt man auch gut über schwächere Fälle hinweg. Im vorliegenden Fall bringen Randgeschichten über Breizh Cola (die Bretonen trotzen dem Weltkonzern Coca Cola) und ein entflohenes Känguru reichlich Lokalkolorit hinein.
Gerd Wameling macht seine Sache als Sprecher nebenbei gesagt ganz hervorragend. Sowohl Männer- wie Frauenstimmen verleiht er einen eigenen Charakter und lässt sie so zum Leben erwachen. Und vor allem scheint er mir des französischen mächtig zu sein, was hier natürlich ein klarer Vorteil ist.
Apropos… An diesem Band ist mir wieder etwas aufgefallen was ich mir auch bei Donna Leon oder Martin Walker oft denke. Früher (also etwa in den 60er Jahren) wurde zwanghaft alles ins deutsche übersetzt. Heute scheint man bevorzugt viel stehen zu lassen. So kommt Dupin nicht von der „Polizei Concarneau“ sondern vom „Commissariat de Police Concarneau“. Bei Donna Leon hat auch niemand ein Handy sondern durchgängig ein „telefonino“. Ich mag das sehr. Es gibt einem mehr das Gefühl von Internationalität, man ist mehr in Frankreich oder respektive in Italien. Ich muss nur mal einen Übersetzer fragen wie man diese Art des „Stehenlassen“ nennt, wann man damit angefangen hat und ob es den Zweck hat den ich vermute.
Aber egal. Für Frankreich-Liebhaber oder Bretagne-Liebhaber (und dass beides längst nicht das selbe ist würde uns Nolwenn mit Feuereifer bestätigen) und solche die es werden wollen sind die Bücher ein Muss. Gute Unterhaltung, perfekt für den Urlaub, um Lust auf den Urlaub zu machen oder sich an ihn zu erinnern.
“Bretonisches Gold”, Autor: Jean-Luc Bannalec, Sprecher: Gerd Wameling, Der AudioVerlag, Ungekürzte Lesung, 602 Minuten